BGH v. 25.09.2024 (IV ZR 350/22): Handlungsbedarf für Wohnungseigentümergemeinschaften und WEG-Verwalter!

BGH: Eine Klausel in Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Wohngebäudeversicherung, die dem Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalls die Einhaltung aller gesetzlichen, behördlichen sowie vertraglich vereinbarten Sicherheitsvorschriften aufgibt, verstößt nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und benachteiligt den Versicherungsnehmer nicht unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Nicht der für das Wohnungseigentumsrecht zuständige V. Zivilsenat des BGH, sondern der für das Versicherungsrecht zuständige IV. Zivilsenat des BGH hat am 25.9.2024 ein Urteil (IV ZR 350/22) verkündet, dass auch bei Wohnungseigentümergemeinschaften dringenden Handlungsbedarf verursachen kann.

Nach dieser Entscheidung darf ein Gebäudeversicherer in seinen Versicherungsbedingungen der (verbundenen) Wohngebäudeversicherung pauschal die Einhaltung von Sicherheitsvorschriften verlangen. Eine derartige Klausel in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen, die die Einhaltung von Sicherheitsvorschriften zum Schutz des versicherten Objekts verlangt, ist nach Ansicht des BGH nicht intransparent – auch dann nicht, wenn sie dynamisch auf „fremdes Regelwerk“ verweist.

Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt (verkürzt dargestellt) zugrunde:

Ein Wohnhauseigentümer versicherte sein Gebäude. Nach den im Versicherungsvertrag vereinbarten Allgemeinen Versicherungsbedingungen verpflichtete er sich u. a. zur Einhaltung „aller gesetzlichen, behördlichen sowie vertraglich vereinbarten Sicherheitsvorschriften“. 2018 baute der Versicherungsnehmer einen Pizzaofen ein. Vor dessen Inbetriebnahme erteilte der Schornsteinfeger Auflagen für den Bau und behielt sich die Abnahme vor. Es kam, wie es kommen musste: Teile des Dachstuhls und der Fassade fingen Feuer und der Pizzaofen stellte sich als Brandherd heraus. Der Eigentümer verlangte von der Versicherung den vollständigen Ersatz des Brandschadens, was die Versicherung verweigerte mit Hinweis auf die Nichteinhaltung von Sicherheitsvorschriften. Das Landgericht hat die Klage des Eigentümers abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr in der Berufung teilweise stattgegeben. Die Versicherung legte Revision zum BGH ein, der durch Urteil vom 25.9.2024 (IV ZR 350/22) entschied.

Schwerpunktmäßig geht es in der Entscheidung des BGH (Urteil vom 25.09.2024 – IV ZR 350/22) um die Frage, ob die o. g. Klausel in den Versicherungsbedingungen dem sog. Transparenzgebot genügt oder ob sie den Verbraucher unangemessen benachteiligt und deshalb nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam ist. Das OLG hatte die Vorschrift für zu unbestimmt und intransparent und damit für unwirksam gehalten. Es sei nicht klar, ob mit ihr dynamisch auf sich ändernde Sicherheitsvorschriften verwiesen werde. Der Versicherte könne dieser Klausel jedenfalls nicht entnehmen, welche Vorschriften er genau zu befolgen habe.

Dem widersprach der BGH:

Der durchschnittliche Versicherungsnehmer erkenne sehr wohl, dass er alle staatlichen Sicherheitsvorschriften zum Schutz seines Eigenheims zu beachten habe. Es sei ihm auch klar, dass die jeweilig geltende Fassung der Sicherheitsregeln zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls anzuwenden sei. Der BGH verneinten eine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers durch die Klausel, weil ohne eine solche Verweisung unübersichtliche, nur schwer durchschaubare oder unvollständige Klauselwerke entstünden, die ihrerseits den Interessen der Versicherungsnehmer widersprechen könnten. Das Rationalisierungsinteresse des Versicherers könne gegenüber dem Klarheitsgewinn für den Leser durchaus überwiegen.

Der IV. Zivilsenat hält die für den Hauseigentümer relevanten Sicherheitsvorschriften auch für leicht zugänglich; seine Pflichten ließen sich ohne Weiteres ermitteln. Insofern würden die kundenbelastenden Wirkungen auch nicht verschleiert oder der Versicherte sonst an der Wahrnehmung seiner Rechte gehindert. Jeder Hauseigentümer kenne seine Pflichten oder müsse sie zumindest kennen, weil sie ihn auch unabhängig von den Versicherungsbestimmungen träfen.

Fazit: Aus dieser Entscheidung leitet sich nach unserer Einschätzung auch für Wohnungseigentümergemeinschaften und deren Verwalter ein zweistufiger Handlungsbedarf ab, um den Versicherungsschutz nicht zu gefährden bzw. zu verlieren:

  1. Alle bestehenden Wohngebäudeversicherungsverträge der Wohnungseigentümergemeinschaften sind zu überprüfen, ob dort identische oder vergleichbare Klauseln vereinbart sind.
  1. Sollten derartige Klausel vereinbart sein, entsteht zusätzlicher Handlungsbedarf, um die sicherheitsrelevanten Einrichtungen der Objekte zu aktualisieren. Das gilt insbesondere für den Brandschutz und vergleichbare Schutzeinrichtungen vor ähnlichen Gefahren (z. B. Hochwasserschutzeinrichtungen).