Urteil des BGH vom 16.09.2022: Verteilung des Selbstbehaltes bei der Gebäudeversicherung, wenn (auch) Sondereigentum geschädigt ist

Bereits in der mündlichen Verhandlung des BGH am 01.07.2022 zeichnete sich eine grundsätzliche Tendenz ab: Verteilung des Selbstbehaltes auf alle Eigentümer, egal ob und in welchem Umfang auch Sondereigentum geschädigt ist oder sogar nur Sondereigentum geschädigt ist.

Diese Tendenz hat der BGH jetzt in seinem Urteil vom 16.09.2022 (V ZR 69/21) bestätigt. Also: Verteilung des Selbstbehaltes/der Selbstbeteiligung an Versicherungsschäden auf alle Eigentümer. Begründung: Vergleichbarkeit des Selbstbehaltes mit den Versicherungsprämien, durch die sich die Gemeinschaft die Versicherung „erkauft“.

Das Urteil gilt grundsätzlich auch für Fälle des gehäuften Schadensanfalls mit hoher Selbstbeteiligung; etwa wie im entschiedenen Fall bei jährlich bis zu 10 Wasserrohrbrüchen mit einer Selbstbeteiligung von inzwischen 17.500,00 € pro Schadensfall.

Allerdings könne ausnahmsweise auch eine andere Verteilung geboten sein, nämlich dann, wenn in bestimmten Gebäudeteilen aufgrund von baulichen Unterschieden des Leitungsnetzes Schäden nur bei dem einen oder dem anderen Gebäudeteil anfallen (können). Dann kommt ein Abänderungsanspruch des Eigentümers in Betracht, dessen Gebäudeteil aufgrund baulicher Abweichungen nicht betroffen ist bzw. sein kann. Ein solcher Anspruch kann sich aus § 10 Abs. 2 WEG nF ergeben, wo geregelt ist: „Jeder Wohnungseigentümer kann eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint.“

Eine derartige Abänderung greift allerdings nicht automatisch, sondern erst dann, wenn die Eigentümer dies beschließen oder aufgrund einer Beschlussersetzungsklage rechtskräftig zur abgeänderten Verteilung verpflichtet sind.

Der BGH weist allerdings darauf hin, dass es für einen Abänderungsanspruch nicht ausreichend ist, wenn bei gleichen baulichen Verhältnissen der Schadenseintritt/der häufige Schadenseintritt nur in einem unterschiedlichen Nutzungsverhalten begründet ist.

Vom Grundsatz her bleibt es daher bei der von vielen Verwaltungen bereits praktizierten Kostenverteilung, wonach der Selbstbehalt – wie die Versicherungsprämien selbst – auf alle Eigentümer nach dem allgemeinen Verteilungsschlüssel zu verteilen ist.