Pflicht zur Eigentümerversammlung trotz Corona
LG Frankfurt, Beschluss vom 16.02.2021, AZ 2-13 T97/20
Ob und unter welchen Voraussetzungen der WEG-Verwalter in Corona-Zeiten verpflichtet ist, eine Eigentümerversammlung durchzuführen, ist – soweit ersichtlich – bisher gerichtlich nicht geklärt. In den bisherigen Entscheidungen geht es überwiegend um Vertreterversammlungen, Personen beschränkte Versammlungen etc.
In seinem Beschluss vom 16.02.2021 hat das Landgericht Frankfurt nun aber entschieden:
„Ein Verwalter darf sich nicht unter Hinweis auf die Corona-Pandemie weigern, eine Eigentümerversammlung durchzuführen, wenn die Durchführung mit vertretbarem Aufwand möglich ist, öffentlich-rechtliche Beschränkungen nicht entgegenstehen und die Versammlung zu einem Zeitpunkt begehrt wird, zu welchem Schulen und Geschäfte vollständig geöffnet waren. Die Verlängerung der Verwalterbestellung nach § 6 Abs. 1 COVMG macht eine Versammlung, auf der über die Verwalterneubestellung entschieden werden soll, nicht entbehrlich.“
Zur Begründung führt das Landgericht unter anderem aus:
Im Grundsatz bleibt es dabei, dass Versammlungen einmal im Jahr durchzuführen sind. Da die Eigentümerversammlung der zentrale Ort für Entscheidungen der Eigentümer ist, besteht soweit diese durchführbar ist, ein Anspruch auf Durchführung von Versammlungen.
Vorliegend bestand die Gemeinschaft zwar aus mehr als 50 Eigentümern. Da zum Zeitpunkt der Versammlung nach der Allgemeinverfügung der Stadt Wiesbaden Zusammenkünfte von bis zu 50 Personen zulässig waren, standen öffentlich-rechtliche Beschränkungen einer Versammlung nicht entgegen. Alleine die Pandemielage als solche rechtfertigte jedenfalls im Oktober 2020, als Schulen und Geschäfte vollständig geöffnet waren, nicht ohne weitere Gründe eine Weigerung des Verwalters eine Versammlung einzuberufen. Dies mag unter härteren Corona-Bedingungen anders zu beurteilen sein. Die Rahmenbedingungen der Versammlung müssen den Bedingungen der Pandemie entsprechen. Dies erschwert die Versammlung, macht sie aber nicht unmöglich.
Wenn eine Versammlung – wie hier – durchführbar ist, kann die automatische Verlängerung der Amtsstellung nicht angeführt werden, um eine Willensbildung der Eigentümer über den Verwalter zu verhindern. Da die Rechtsstellung des Verwalters, die § 6 Abs. 1 COVMG gewährt (automatische Verlängerung bis 31.12.2021), sich erheblich von der eines normalen Verwalters unterscheidet, entspricht es ordnungsmäßiger Verwaltung, sobald eine Versammlung möglich ist, einen Beschluss über die Verwalterbestellung zu fassen.
Ob diese Entscheidung auch noch bei der aktuellen Situation (April 2021) gilt – also grundsätzliche Versammlungspflicht – muss angesichts der verschärften Lockdown-Bedingungen bezweifelt werden. tb