BGH: Klagende Einzeleigentümer verlieren nicht (rückwirkend) ihre Klageberechtigung bezüglich Gemeinschaftseigentum

Seit dem 01.12.2020 können einzelne Eigentümer aufgrund der WEG-Reform nicht mehr andere Eigentümer wegen Störung des gemeinschaftlichen Eigentums auf Unterlassung oder Rückbau verklagen. Bis zum 30.11.2020 war dies anders. Einzelne Eigentümer konnten Miteigentümer sowohl wegen baulicher Veränderungen (auf Rückbau und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes) als auch wegen Störung des gemeinschaftlichen Gebrauchs (Verstoß gegen Nutzungsregeln, Lärm, Verschmutzung des Gemeinschaftseigentums) gerichtlich in Anspruch nehmen, auch wenn dies ausschließlich das gemeinschaftliche Eigentum betraf. 

Gilt der Wegfall dieser Klagebefugnis auch für Verfahren, die bereits vor dem 01.12.2020 anhängig waren? Da der Gesetzgeber insoweit keine Übergangsfristen für diesen Rechtsbereich vorgesehen hat, war die ganz überwiegende Auffassung, dass dies auch für alle bereits laufenden Verfahren (Eigentümer A gegen Eigentümer B) gilt und diese Verfahren von der jeweiligen Klagepartei beendet werden müssen; sogar Verfahren, die inzwischen in der Berufungs- oder sogar in der Revisionsinstanz beim BGH sind, weil es insoweit auf den letzten mündlichen Verhandlungstermin ankommt. 

Der BGH sieht dies anders. Die Vorsitzende Richterin des für WEG-Angelegenheiten zuständigen V. Zivilsenates hatte bereits in der mündlichen Verhandlung am 26.03.2021 durchblicken lassen, dass sie der WEG-Reform nicht entnehmen könne, dass hunderte oder tausende von Verfahren von heute auf morgen zwangsläufig zu beenden sind, weil die Kläger nicht mehr klagebefugt seien. Am 07.05.2021 wurde das Urteil verkündet. Der BGH hat entschieden, dass die bisherigen Verfahren von den klagenden Einzeleigentümern jedenfalls solange weitergeführt werden können, wie sich nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft dagegen ausspricht und dies durch ihren Vertreter (in der Regel der amtierende Verwalter) dem Gericht mitteilt. Bis dahin geht das Gericht davon aus, dass die Klage des einzelnen Eigentümers auch dem Interesse der Wohnungseigentümergemeinschaft entspreche, zumal es sich ja typischerweise um Verstöße gegen Vorschriften über bauliche Veränderungen oder den Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums handele. 

Wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft die Fortsetzung der Klage durch den einzelnen Eigentümer allerdings nicht will, muss sie einen entsprechenden Beschluss fassen und den Verwalter verpflichten, dies dem Gericht mitzuteilen. 

Wie es dann weitergeht, ob die Gemeinschaft den Prozess selbst aufnehmen darf/kann/muss und wer die Kosten des bisherigen Prozesses trägt, wird noch zu entscheiden sein. Im Ergebnis kann es jedenfalls nicht sein, dass der bisher zu Recht klagende Einzeleigentümer die Kosten des Verfahrens übernehmen muss. tb