Schadensersatz wegen Baustopps aufgrund einstweiliger Verfügung Urteil des BGH vom 21.04.2023 = V ZR 86/22

Erwirkt ein Anfechtungskläger (neben seiner Anfechtungsklage gegen einen Baumaßnahmenbeschluss) eine einstweilige Verfügung auf Baustopp, und erweist sich die einstweilige Verfügung im anschließenden Widerspruchsverfahren sowie die Anfechtung als unbegründet, weil der Baumaßnahmenbeschluss nicht gegen ordnungsmäßige Verwaltung verstößt, ist der Verfügungskläger/Anfechtungskläger gegenüber der WEG verpflichtet, den durch eine etwaige Verzögerung eingetretenen Schaden (Baukostenverteuerung) der Wohnungseigentümergemeinschaft zu erstatten. Der Schadensersatzanspruch der Wohnungseigentümergemeinschaft entfällt auch nicht etwa dadurch, dass die Baukostenverteuerung zwischenzeitlich per Jahresabrechnung auf alle Eigentümer verteilt und ausgeglichen wurde.

 

Der erste Teil der Entscheidung bestätigt die in Literatur und Rechtsprechung herrschende Auffassung, dass der Anfechtungskläger zwar die rechtliche Möglichkeit hat, neben seiner Anfechtungsklage die Umsetzung der beschlossenen Baumaßnahme durch eine einstweilige Verfügung zu stoppen, weil die Anfechtungsklage als solche gem. § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG keine aufschiebende Wirkung hat (der Verwalter muss auch einen angefochtenen Beschluss unverzüglich umsetzen). Allerdings geht der Anfechtungskläger/Verfügungskläger damit das Risiko ein, dass sich die Maßnahme aufgrund des durch die einstweilige Verfügung erzielten Baustopps verzögert und in der Regel auch nicht unerheblich verteuert. Das waren im BGH-Fall 11.198,69 €. Diese müssen vom Anfechtungskläger/Verfügungskläger der WEG gem. § 945 ZPO erstattet werden, nachdem sich die einstweilige Verfügung als ungerechtfertigt erwiesen hat.

 

Eine rechtliche Klärung hat der BGH jedoch für die Frage herbeigeführt, wer den Schadensersatzanspruch hat, die GdWE (Gemeinschaft der Wohnungseigentümer) oder die einzelnen Eigentümer. Das war bisher zweifelhaft für den Fall, dass die bei der WEG angefallenen Kosten, zwischenzeitlich im Rahmen einer Jahresabrechnung von den Mitgliedern der GdWE ausgeglichen waren. Insoweit hatte der BGH in einer früheren Entscheidung vom 08.02.2019 bezweifelt, dass hier noch eine „Schaden der GdWE“ vorliege. Dies hat der BGH jetzt korrigiert und klargestellt, dass es sich sehr wohl um einen Schaden der GdWE handelt. Dieser sei nicht dadurch entfallen, dass im Innenverhältnis über die Abrechnung ein Ausgleich erfolgt ist, weil der in Anspruch genommene Schädiger aus der Abwicklung der Jahresabrechnung keinen Vorteil ziehen dürfe